Stundenlang zieht die Prozession nun schon durch die Stadt. Ich werde langsam müde, laufe ich doch seit Beginn weg mit. Doch dann entdecke ich wieder ein neues Detail auf einem der liebevoll dekorierten Wagen. Ich muss näher ran, will es genauer sehen. Dabei merke ich gar nicht, wie ich plötzlich in eine Meute wild tanzender Männer gerate, die wie in Trance immer wieder “Siddhartha Gautama”, denn Namen Buddhas, skandieren. Diese jedoch bemerken mich kaum, so vertieft sind sie in ihre Tänze.
Und schon stehe ich plötzlich hinter dem Umzugswagen der Buddhisten Myanmars auf dem Kindermönche sitzen und die Umstehenden mit gesegnetem Wasser bespritzen. Je später der Abend, je schöner der Umzug. Die Wagen strahlen hell, überall tragen Menschen Kerzen in Form einer Lotusblume mit sich herum und erleuchten so die Nacht.
Doch von vorne: Wo bin ich denn da und was genau ist der Wesak Day?
Dieser Feiertag ist einer der wichtigsten im Buddhismus, wird doch die Geburt, die Erleuchtung und der Eingang Buddhas ins Nirvana gefeiert. In vielen Ländern ist dieser Tag ein nationaler Feiertag – auch im muslimischen Malaysia. Hier wieder einmal der Grund, warum ich Malaysia so mag: der Mix von so vielen Nationen und Glaubensrichtungen. Obwohl dieses Land muslimisch ist, wird ein buddhistischer Feiertag zum nationalen Freitag erklärt.
Die Feierlichkeiten zum Wesak Day unterscheiden sich nicht nur von Land zu Land, sondern auch im Termin. In Malaysia wird er am ersten Vollmondtag des vierten Monats des chinesischen Mondkalenders gefeiert.
Die Feierlichkeiten beginnen schon am frühen morgen. Zu dieser Zeit finden sie jedoch vor allem in den Tempeln statt. Die Buddhastatuen werden besucht, Mönche segnen die Gläubigen und an manchen Orten werden auch Tiere, wie z.B. Vögel, in die Freiheit entlassen.
Der Wesak Day ist ebenso ein Tag an dem den Armen spezielle Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es wird kostenloses Essen und Trinken verteilt und das Kleingeld wandert in die aufgeschnittene Plastikflasche eines Bettlers. Daher sind die Strassen um die buddhistischen Tempel mit Bettlern gesäumt, die ihre Verkrüppelungen zur Schau stellen.
In der Strasse um den Tempel Maha Vihara, der sich im Stadtteil Brickfields befindet, geht es zu und her wie auf einem Jahrmarkt. Es gibt Zuckerwatte, Strassenstände und überall vegetarisches Essen. An jeder Ecke gibt es Buddhastatuen und alles weitere zu kaufen, was der Gläubige so brauchen könnte.
Am Wesak Day gibt es für die Buddhisten zwei Hauptzeremonien. Die eine ist das Baden des Buddhas. Hier wird Wasser über die Schultern des Buddhas gespritzt, was die Gläubigen daran erinnern soll, die Gedanken von gehegtem Groll zu befreien und ein ehrliches Leben mit Freundlichkeit und Güte zu führen.
Die weitere Zeremonie ist das Mitbringen von Blumen und das Anzünden von Räucherstäbchen und Kerzen. Dies zur Erinnerung, dass das Leben kurz ist – wie das einer Blume die verwelkt und stirbt und das eines Räucherstäbchens, dass niederbrennt.
Kurz bevor es eindunkelt, startet die Prozession, die bis in die Innenstadt führt. Es gibt etwa zehn verschiedene Wagen, die sich zur Parade aufreihen. Sie könnten alle nicht unterschiedlicher sein. Manche werden von aufpeitschender Tanzmusik begleitet, andere von monotonem Singsang. Auf einigen sitzen Mönche, die die Gläubigen mit Wasser segnen, auf anderen Kindermönche, die gemütlich ihr Abendessen verzehren und von einer Nanny beaufsichtigt werden. Diese sind der Hit und die asiatische Fotowut kennt hier keine Grenzen mehr.
Einige Wagen werden von einer tanzenden Menge begleitet, andere von in sich gekehrten und abwesend wirkenden Gläubigen. Es gibt Vertreter aus unterschiedlichen Ländern, beispielsweise gibt es einen Wagen der buddhistischen Vereinigung Myanmars und einer, der den Buddhismus Nepals vertritt. Dieser wird natürlich nicht müde zu verkünden, dass der Geburtsort Buddhas in Lumbini, in Nepal, liegt.
Tipps zu den Feierlichkeiten in Kuala Lumpur
- Die Parade startet um 19 Uhr im Tempel Maha Vihara. Dieser befindet sich in den Brickfields (Station KL Sentral). Die Route führt nach Chinatown und wieder zurück. Ende ist ca. 23 Uhr.
- Besuche den Tempel vor der Parade und lasse das Geschehen in aller Ruhe auf dich wirken. Auch die Umgebung ist es wert erkundet zu werden.
- Die Gläubigen freuen sich, wenn sie dich in der Parade entdecken. Gerne geben sie Antworten auf Fragen zu den Feierlichkeiten oder dem Buddhismus.